Backen mit Zimt und Liebe
»Es ist erst Weihnachten, wenn wir Plätzchen backen ...«
Special zu »Mittsommerlegende – Mit Zimt und Tiger«
Robin, Alessio und Kieran feiern ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest, und dazu gehören viele Zutaten, vor allem jedoch eine.
Robin und Mischa schleppten tütenweise Einkäufe herein.
»Erwartet ihr eine Hungersnot«, erkundigte sich Kieran.
Seinem Gesicht war nicht anzusehen, ob er sich heimlich amüsierte. Die vor der Brust verschränkten Arme sollten Überlegenheit demonstrieren.
»Mach dich nützlich«, erwiderte Robin. »Hol Alessio, damit wir anfangen können.«
Eine schwarze Braue fuhr in die Höhe, ein dunkles Lachen, das bis in seinen Magen vibrierte, brach aus Kieran heraus. »Also willst du heute die Befehle geben?«
»Frag nicht so dumm, sondern beeil dich!«
Mit einem theatralischen Seufzer verzog er sich und kam kurz darauf mit Alessio im Schlepptau zurück.
»Es ist erst Weihnachten, wenn wir Plätzchen backen«, erklärte Robin. »Zu Hause kümmert sich Jo darum, und jeder, der Zeit hat, hilft ihm.«
»Das trifft sich gut, verfahren wir hier genauso«, sagte Kieran und setzte sich in Bewegung.
»Was wird das?«
»Ist doch offensichtlich: Ich habe keine Zeit.«
»Doch, hast du! Du bist für die Zimtsterne verantwortlich und Lessio für die Vanillekipferl. Mischa, du und dein Bruder dürfen nachher probieren. Macht es euch im Wohnzimmer gemütlich.«
»Wieso müssen die beiden nicht helfen?«, erkundigte sich Kieran mit sauertöpfischer Miene.
»Weil ich mit euch allein sein möchte. Gibt es einen besseren Grund?«
Breit grinsend winkte Mischa zum Abschied.
Alessio holte zwei Backschüsseln aus dem Schrank und schaute Robin erwartungsvoll an.
»Los gehts.« Er verteilte ausgedruckte Rezepte.
»Ernsthaft?«, murrte Kieran.
»Fang an, oder muss ich nachhelfen?«
Robin wischte über sein Handy und spielte die vorbereitete weihnachtliche Playlist ab. »Damit wir in Stimmung kommen.«
»Reicht es nicht, dass der Eingangsbereich wie ein Weihnachtsmarkt glitzert und wir einen riesigen Baum haben? Wozu brauchen wir dieses Gedudel?«
»Weil es zu Weihnachten gehört und das Backen so mehr Spaß macht. Hör auf zu motzen!« Drohend wedelte Robin mit einem Holzlöffel.
Die Mundwinkel des dunkelhaarigen Rebellen zuckten. »Wag es …«
Schwungvoll traf das Backutensil seinen Hintern und brachte ihn abrupt zum Schweigen.
»Fangt an«, befahl der selbst ernannte Backchef und grinste. »Hurtig!«
Alessio stieß einen seltsamen Laut aus, seine Augen glänzten.
Robin trat hinter ihn und strich fest seine Seiten hinab. »Was habe ich gerade gesagt?«, raunte er dem kleineren Mann ins Ohr.
Er stellte die Schale auf die Waage und maß die gemahlenen Mandeln für die Zimtsterne ab, danach füllte er die zweite Schüssel mit Mehl. Ungefragt nahm er Kieran die Arbeit ab.
Mit einem Schlag mit dem Löffel ahndete Robin den Ungehorsam.
Ein Ruck ging durch den Missetäter.
»Ihr bettelt geradezu um Strafe. Vielleicht sollte ich euch heute Abend getrennt und ohne Essen ins Bett schicken?«
»Du wirst schon sehen, was du davon hast«, versetzte Kieran.
»Leckere Kekse, was sonst?«
Schnaufend schlenderte er zum Kühlschrank, holte zwei Eier, schlug sie auf und trennte sie geschickt.
»250 g Puderzucker und eine gute Prise Zimt«, wandte er sich an Alessio und hielt ihm die Schale mit den geriebenen Mandeln hin, damit er den feinen Zucker hineinsiebte. Aus der Tasche zog Kieran ein Tütchen mit braunem Pulver und verteilte es auf beide Backgefäße.
»Was ist das?«, fragte Robin.
»Das ist von Jo«, erwiderte Kieran und vermischte die Zutaten für die Zimtsterne. »In die andere Schüssel 100 g gemahlene Mandeln, 120 g Puderzucker und eine Prise Salz.« Er wog Butter ab, trennte ein weiteres Ei und gab das Eigelb zur trockenen Mischung. Das Fett würfelte er, fügte es hinzu und reichte die Backschüssel an Robin weiter. »Mach dich nützlich und verknete alles.«
Mit seiner Degradierung hadernd setzte er zum Widerspruch an. Der Anblick, wie Kieran hinter Alessio stand und ihn streichelte, während der kleinere Mann die Backzutaten verknetete, ließ sein Herz jedoch schneller schlagen. Wärme breitete sich in seinem Innern aus. Ihre Liebe war nicht selbstverständlich, für keinen von ihnen, und sie feierten ihr erstes gemeinsames Weihnachten.
Lächelnd folgte er dem Befehl. Wer das Sagen hatte, machte keinen Unterschied. Allein, dass sie zusammen sein konnten, zählte.
Kieran zwinkerte. »Es ist schön mit uns, oder?« Er holte Frischhaltefolie und verpackte den ersten Teigklumpen, um ihn im Kühlschrank zu deponieren.
»Ist es«, entgegnete Robin und verfuhr mit seinem Batzen ähnlich. »Wieso weißt du so genau, wie das geht? Du hast dir die Rezepte nicht mal angesehen.«
»Rate mal? Ich hab mir Tipps vom Besten geholt.«
»Und Jo hat dir seine geheimen Rezepte verraten?«
»Ich kann sehr überzeugend sein.«
»Schon klar. Die Geheimzutat hat er dir nicht erzählt, sondern geschickt.«
»Seine magischste Komponente ist gar nicht so geheim«, antwortete Kieran und winkte Robin heran. Einen Arm um ihn, den anderen um Alessio geschlungen, gab er jedem einen tiefen Kuss. »Liebe ist der Hauptbestandteil, sagte Jo. Was mit Liebe gemacht wird, weckt auch Liebe. Also, lasst uns Liebe machen, am besten gleich hier.«
»Du meinst das hoffentlich nicht wörtlich«, versetzte Robin und grinste schelmisch. Langsam knabberte er Kierans Hals hinauf und biss ihm ins Ohr. »Wie lange haben wir?«
»Der Teig muss wenigstens eine halbe Stunde ruhen.« Erregt stöhnte er auf, seine Wangen röteten sich und sein Atem ging flacher. Zärtlich wischte er Alessios Locken beiseite und verteilte Küsse auf seinen Haaransatz, bis er sich wand. Robin hielt ihren Freund dabei aufrecht und streichelte ihn ebenfalls. Er brauchte viel Nähe und Aufmerksamkeit.
»Wir haben alle Zeit der Welt«, fügte Kieran sanft hinzu.
Er benötigte fast noch mehr Zuneigung, verstand allerdings hervorragend, das zu überspielen. Bei ihrem Kennenlernen schien er selbstverliebt und grausam. Damals zeigte sich, dass der dunkelhaarige Mann mit den faszinierenden grün leuchtenden Augen stets an andere dachte, und bereit war, dafür auch mit seinem Leben einzustehen. Das machte ihn aus. Deshalb fiel es Robin leicht, sich seinem Willen zu unterwerfen. »Lass uns den Zauber von Jos geheimen Gewürz verbreiten. Wir haben alle Zeit der Welt für uns. Und mit Zimt und Liebe wird das ein Weihnachten, das ihr zwei nie vergesst.«
»Wir alle drei«, versetzte Kieran grinsend.
Immer muss er das letzte Wort haben, stellte Robin fest. Aber das ist nicht weiter schlimm, solange es mich mit einschließt.
Mehr als jede Decke wärmte die Magie aus Liebe, die sich zwischen ihnen entfaltet hatte und sie einhüllte.
© 2024 Sabine Reifenstahl
Die Geschichte ist eine Special zu »Mittsommerlegende – Mit Zimt und Tiger«
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