
Übersinnliche Gefährten: Seelenverbunden
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Übersinnliche Gefährten – Seelenverbunden

E-Book: 3,99 €
Taschenbuch: 10,99 €
📖 Mit Seelenverbunden startet die neue Reihe Übersinnliche Gefährten, deren Bände unabhängig gelesen werden können. Charaktere aus den Reihen Mittsommerlegende und Elysion tauchen als Gäste aus. Fürs Verständnis ist es nicht erforderlich, sie zu erkennen, aber möglicherweise bereitet das Wiedersehen Freude.
Schicksalsgefährten oder wahre Liebe?
Ein verfluchter Unsterblicher. Ein rebellischer Bärenwandler. Magie, alte Mythen – und die Hoffnung auf echte, selbst gewählte Liebe.
Urban Fantasy trifft queere Romance im Club Elysion in Berlin.
Vor Jahrhunderten verfluchte eine Hexe Koschei. Seine Seele wurde in eine Nadel gebannt, sein Dasein untrennbar mit ihrer Trägerin verknüpft. Nur ihr Tod schenkt ihm kurzzeitig Erlösung in einem traumlosen Schlaf.
Nach zweihundert Jahren erwacht er in einer Welt, die ihm fremd geworden ist. Die Spur der Nadel führt ihn ins Elysion – ein exklusiver Club, Zufluchtsort für magische Wesen und Menschen mit besonderen Neigungen. Dort begegnet er Mischa, einem jungen Bärenwandler mit leidvoller Vergangenheit. Eine einzige Berührung genügt, um ihn als neuen Hüter von Koscheis Seele zu erkennen.
Zum ersten Mal bindet ihn der Fluch nicht an eine Frau, sondern an jemanden, der ungeahnte Gefühle in ihm auslöst. Doch Mischa hat seine Freiheit gerade erst zurückerlangt und weigert sich, eine Verbindung zu akzeptieren, die nicht aus freiem Willen entsteht.
Als die Nadel gestohlen wird, gerät Koscheis Existenz in Gefahr – und auch Mischa ist plötzlich nicht mehr sicher. Gemeinsam müssen sie entscheiden, was ihnen wichtig ist: Freiheit oder Liebe.
Ein gefühlvoller Urban Fantasy-Roman mit queerer Lovestory über Magie, dunkle Legenden und die Frage, wie frei Liebe sein kann.
Leseprobe: 1 Koschei
Quälendes Brennen im Innern weckte mich schlagartig.
Nicht schon wieder!
Kalter Schweiß brach mir aus, die Glieder zitterten. Eine Riesenfaust drückte mir die Kehle zu. Schmerz wogte in Wellen durch meinen Körper. Ich wand mich auf der Matratze und biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Tränen verschleierten meine Sicht. Angestrengt blinzelte ich dagegen an. Es nützte nichts. Als in meiner Brust etwas zu bersten schien, brüllte ich aus voller Kehle. Feuchtigkeit rann mir über die Wangen. Mein Herz setzte für mehrere Schläge aus und polterte danach unregelmäßig weiter.
Verzweifelt zerrte ich das Kissen über den Kopf.
Der mürbe Stoff gab nach und das folgende Federgestöber raubte mir den Atem und brachte mich zum Niesen.
Das war der Nachteil einer langen Ruhe. Der Zahn der Zeit nagte unbarmherzig an allem, was mich umgab.
Wie viele Jahre mochten vergangen sein? Dem Rest des Bettzeuges nach zu urteilen, wohl ein paar Jahrzehnte. Jetzt ging der Zirkus von vorn los. Wie ich das hasste!
Irgendeine dumme Maid mit einer unerfreulich jungen Stimme hatte sich des Dings bemächtigt, das Macht über mich besaß. »Das ist das Wertvollste, das du je besitzen wirst«, oder etwas Ähnliches dröhnte es bis zu mir. An die genauen Worte konnte ich mich nicht erinnern, ihr Klang hatte sich in meinen Verstand gebrannt. Verzweiflung drohte mich zu ersticken. Ein Mühlstein beschwerte meine Brust, ich kämpfte um jeden Atemzug und versuchte, die Nachtmahr abzuschütteln. Sie zeigte mir Baba Jaga, die meinen kostbarsten Besitz weitergab. Das bestätigte nur, was ich eigentlich wusste, traue keiner Frau, und schon gar nicht einer Hexe. Ich sah sie durch die Augen der Empfängerin. Da sie aufblickte, war sie sehr klein, im schlimmsten Fall ein Kind. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
Seufzend rieb ich über die handgroße, schlecht verheilte Brandnarbe am rechten Unterarm. An den Schmerz hatte ich mich gewöhnt, er diente als Quelle für die Magie, die der Verletzung innewohnte. Ein Kribbeln durch meinen Körper bewies, dass sich der Zauber entfaltete und den Kontakt zu Veyrik aufnahm. Ich freute mich, den Mann wiederzusehen. Schwermut erfasste mich im gleichen Wimpernschlag, denn dies wäre das letzte Mal, dass er kam.
Resigniert schloss ich die Lider. Geduld gehörte zu den Dingen, die mich das Leben auf schmerzhafte Weise lehrte. Mein Körper brauchte Zeit, um aus dem tiefen Schlaf zu erwachen. Der Versuch, aufzuspringen und herumzurennen, würde mich lediglich auf den kalten Steinboden vor der Schlafstatt befördern. Verbunden mit einem ungebremsten Fall, weil meine Glieder den Gehorsam verweigerten. Daher blieb ich liegen.
Das gab dem wachen Geist leider Gelegenheit, herumzuschwirren und mich mit trüben Gedanken zu foltern. Dieses unglückselige Dasein verdankte ich meiner eigenen Unbedarftheit. In Gegenwart einer Frau, die mich umgarnte, äußerte ich, wie schön es sein müsse, ewig jung zu sein. Das Weib erhörte den Wunsch, raubte mir die Seele und verbarg sie in einer Nadel. Damit verbannte sie meinen Tod und verfluchte mich zur Unsterblichkeit. So glaubte sie, mein Herz zu erobern und mich dazu zu bringen, sie zu lieben. Das vermochte ich nicht. Und so fügte sie eine perfide Klausel zu ihrem Zauber hinzu. Wer auch immer die Nadel fand, an den wäre ich gebunden. Die Abwesenheit dieser Person strafte mich mit Schmerz. Ihre Anwesenheit mit körperlichem Unwohlsein, das dem glich, was ich in der Nähe der Hexe, der ich diesen Fluch verdankte, empfunden hatte. Jede Berührung ließ mich schaudern. Küsse ertrug ich nicht.
Als Strafe für mein Verhalten wurde ich verdammt, ohne Liebe zu leben. Wie oft das schon passierte? Ich hab nie mitgezählt. Es wiederholt sich bis in alle Ewigkeit. Ein Weib findet die Nadel und bis zu ihrem Tod bin ich an die Frau gebunden. Dann muss ich das Nähutensil erneut verbergen, denn mein Körper wehrt sich ab dem Zeitpunkt ihres Ablebens gegen die Seele, die eigentlich ein Teil von mir ist. Das verhindert, dass ich sie bei mir behalte und für immer schlafe. Wäre ich nicht sein Opfer, könnte ich den raffinierten Bannspruch bewundern. Doch so verdammte ich ihn und mich gleich dazu. Das ganze Leid wäre mir erspart geblieben, hätte ich die Avancen der Hexe erwidert. Das Wissen darum, was mir von der verschmähten Verehrerin blühte, hätte mich sicher motiviert, ihr Liebe vorzutäuschen.
Ein grausames Brennen am Unterarm beendete die zermürbenden Gedanken. Ich musste mich fertigmachen.
Mit Macht rief meine Seele nach mir, ein Sog, der mich zu ihr führte. Entmutigt von der Aussicht, an ein Kind gebunden zu sein, widerte mich bereits an, wozu mich das zwingen würde. Bei einer alten Schachtel könnte ich der Natur ihren Lauf lassen. Ein paar Jahre und die Sache wäre ausgestanden. So lange konnte ich die unerfüllte Sehnsucht nach Liebe wie den Ekel in Gegenwart der Erwählten ertragen.
Die Hexe hatte hervorragende Arbeit geleistet. Das Gefühl ähnelte anfangs dem Widerwillen, den sie bei mir ausgelöst hatte. Für eine überschaubare Zeitspanne hielt ich das aus. Nicht jedoch ein ganzes verdammtes Menschenleben hindurch, denn es intensivierte sich mit den Jahren.
Ein tiefer Seufzer entwand sich meiner Kehle. Wenn ich Glück hatte, erlöste mich ein Unfall. Menschen waren fragil, schon eine kleine Verletzung oder ein fauler Zahn konnten sie das Leben kosten.
Allein dieser Wunsch trieb mir Tränen in die Augen. Der Fluch hatte ein Monster aus mir gemacht, so etwas auch nur zu denken. Ich war ein herzloses Geschöpf, das verdiente, was ihm widerfuhr.
Mit einem verärgerten Knurren zwang ich mich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Nach wenig erfreulichen Erfahrungen trafen mich die Folgen der Ruhephase nicht mehr unvorbereitet. Neben der Bettstatt lag eine Schere, mit der ich zuerst die widerlich langen Nägel stutzte. Danach kam das Haar dran. Früher glänzte es schwarz wie die Schwingen eines Raben. Jetzt erinnerte es an den Greis, der ich sein müsste. Aschgrau fielen die Strähnen zu Boden, das einzige Zugeständnis an mein Alter. Ansonsten sah ich wie ein Zwanzigjähriger aus, so jung und dumm wie zu dem Zeitpunkt, als ich die Aufmerksamkeit der Hexe erregte. Straff spannte sich die Haut, durch die Abwesenheit von Sonne fahl wie bei einer Leiche. Selbst die begehrte adlige Blässe besaß einen lebhaften Farbton gegen meinen Teint.
Die Aussicht auf die nähere Zukunft verleidete mir den Tag gewaltig. Kurz erwog ich, einen neuen Versuch zu unternehmen, dem Fluch zu entkommen und musterte die Schere. Unwahrscheinlich, dass ich damit bleibenden Schaden anrichten konnte. Vermutlich würde ich nur noch leichenhafter aussehen, wenn ich mir die Kehle aufschlitzte.
Wie eine Kirchenglocke dröhnte es in meinem Kopf. Angespannt lauschte ich und erkannte den Klang eines Herzens. Jemand drückte die Nadel an seine Brust. Zu diesem unglückseligen Wesen zog es mich. Die nächste Maid, die sich bei meinem Anblick erschreckte – mit etwas Glück zu Tode. Auch für sie ein barmherzigeres Schicksal, als an der Seite von Koschei dem Unsterblichen leben zu müssen. Die Menschen bedachten mich mit wenig schmeichelhaften Beinamen: der Verfluchte, der Seelenlose, Todlos, der Unverwesliche. Den Namen, mit dem man mich bis zu dem Fluch rief, kannte niemand, er interessierte keinen.
Fröstelnd schälte ich mich aus den mürben Kleidern. Die klamme Luft ließ alles schneller zerfallen. Erfreulicherweise bedeckte mich wenigstens kein Schimmel.
Der Gedanke brachte mich zum Grinsen. Meinen Humor konnten mir die Jahrhunderte nicht nehmen. Sie hatten ihn lediglich verändert. Früher lachte ich gern. Heute blieb es meist bei bitterem Spott, vornehmlich gegen mich selbst gerichtet. Für ein herzliches Lachen fehlten mir die Gründe.
Steif erhob ich mich, streckte vorsichtig die Glieder und dehnte sie mit einer Abfolge von Übungen. Mein Gehirn steuerte die Bewegungen und hatte noch genug Kapazität, um mir einmal mehr vor Augen zu führen, dass ich höchstselbst die Schuld an dieser Misere trug. Ich hatte mir Unsterblichkeit gewünscht und sie bekommen. Dabei konnte ich von Glück reden, einen Großteil meines Daseins zu verschlafen.
Nackt stiefelte ich zu dem kleinen Teich mit einem Rinnsal als frischem Zufluss, den einzigen Luxus, den die Höhle bot. Ihre Erschaffung und Sicherung hatte mir viel abverlangt.
Entschlossen sprang ich in das eisige Wasser und dachte an die Jahre freiwilliger Gefangenschaft, die mich mein Refugium gekostet hatte. Fünf Jahrzehnte erfüllte ich einer alten Zauberin jeden Wunsch. Sie stillte ihre Lust an mir und nannte mich ihren süßen Jungen. Immerhin schaffte sie es, für die gesamte Zeit den Sog meiner Seele zu zähmen. Die alte Vettel bot mir sogar ihren Schutz an, würde ich für immer bei ihr bleiben. Nur widerwillig gab sie mir die Freiheit wieder und schuf diesen Ort, an dem ich ungestört ruhen konnte. Damit sie es sich später nicht anders überlegte, übergab ich sie den Pfaffen. Unter Gezeter hauchte sie ihre finstere Seele auf dem Scheiterhaufen aus. Mein Mitleid hielt sich in Grenzen angesichts der Qualen, die sie mir bereitet hatte. Zudem peinigte sie die Menschen in ihrer Umgebung mit Albdrücken, verhexte die Ernte und vergiftete die Brunnen.
Obwohl ich es gehasst hatte, vermochte mich das Weib zu erregen. Bei der Erinnerung daran, was sie mit mir angestellt hatte und wie mein Körper darauf reagierte, geriet mein Blut erneut in Wallung. Eine Weile ignorierte ich das Pulsieren im Unterleib und schruppte mich mit Seife und Bürste. Schließlich gab ich dem Verlangen nach, wie immer peinlich berührt, wie viel Macht die alte Zauberin über ihren Tod hinaus besaß. Das krampfhafte Zucken meines Leibes, das Pumpen, mit dem der Samen herausschoss, brachte mir lediglich körperliche Erleichterung. Die Scham, mich so wenig im Griff zu haben, löste das kurze Hochgefühl schnell auf.
Hastig trocknete ich mich ab und kleidete mich in den leicht modrig riechenden Anzug. Im Spiegel begutachtete ich mein Gegenüber und schüttelte den Kopf. Das feuchte, graue Haar hatte ich nach hinten gekämmt, erschreckender würden die Schatten unter den Augen und die Gesichtsfarbe auf die Leute wirken. Doch das war nicht zu ändern, ich war eben Koschei Todlos, ein unsterbliches, angsteinflößendes Monster.
Auf dem Bett sitzend wartete ich, wie schon zweimal zuvor, und strich dabei gedankenversunken über die schmerzhafte Brandwunde, die das Drachenfeuer hinterlassen hatte. Was war nur aus mir geworden? Als junger Mann hoffte ich auf die Liebe. Doch niemand vermochte, mein Herz zu berühren. Vielleicht war es mir zusammen mit meiner Seele abhandengekommen. Was da in meiner Brust so munter rumorte, zuckte bei keinem der Frauenzimmer. Falls sich eins davon meiner erbarmte, verschaffte die Vereinigung kurzzeitig Entspannung. Meist verspürte ich jedoch nur Widerwillen und sehnte mich nach Erlösung.